Kurzversion:

Wilde Natur im Umland von Berlin bietet reiche Nährstoffe in Hülle und Fülle: Früchte und Samen, Wurzeln und Beeren, Pilze und Blüten. Wie hätte das Dinner einer brandenburger Steinzeit-Familie ausgesehen?

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Erntezeit. Die Natur präsentiert pralle Schätze. Heilpraktiker George Brasch lädt ein zur mehrstündigen Kräuterwanderung. Wir erforschen üppige Natur nördlich von Berlin. Die Luft duftet nach ätherischen Ölen. Ein Bach fließt neben unserem Wanderweg, blühende Nachtkerzen säumen den Wegesrand.

“Sicherlich kennt ihr Nachtkerzenöl?” George setzt auf unser Wissen in Naturheilkunde. Ich nicke fleißig. Von diesem Öl habe ich schon oft gehört. Es soll hochwertige Fettsäuren und Vitamine enthalten. Das Öl wird aus den reifen Samen der Nachtkerze gepresst. Neu für mich ist, dass man die grellgelben Blüten der Nachtkerze essen kann. Ihre Blütenblätter schmecken sehr fein, leicht süß und mild nach Mais. Könnten sie ein steinzeitliches Topping für Breitwegerich-Pudding gewesen sein?

Während unserer Wanderung lerne ich aromatische Blattpflanzen kennen. Sie dienen als Gewürze: Wasserpfeffer, Knoblauchkresse, Nelkenwurz … kaum ein Aroma findet sich nicht in der brandenburger Natur. Wir entdecken Pilze, die wie Hühnchen schmecken. Wir graben nach Wurzeln und pflücken Beeren. Meine Fantasie geht mit mir durch.

Wie hätte das Dinner einer steinzeitlichen Familie ausgesehen, die hier ansässig gewesen wäre? Hätte man von dieser Vegetation leben können? “Für Veganer wäre es schwierig geworden” ist George Brasch sicher. Man hätte Pilze als Eiweißquelle sammeln können. Darüber hinaus würden sich Samen anbieten, von Brennesseln zum Beispiel. Doch die wichtigste Eiweißressource wäre gejagtes Fleisch gewesen – von Reh, Hirsch, Hase, Wildschwein. Dazu Fisch und eine Menge kleines Getier: Die Gegend ist reich an Fröschen und Schnecken.

Während ich imaginär Nacktschneckenragout mit Morcheln und Wasserpfeffer kreiere, bemerke ich erstaunt, was mir in meiner Steinzeit-Küche NICHT zur Verfügung gestanden hätte.
Es gab kein Salz! Nirgends hätte ich die Möglichkeit gehabt, reine Salzkristalle abzubauen. Unsere Vorfahren hatten auch keinen Zucker. Wahrscheinlich haben manche von ihnen beherzt die Waben von Wildbienen geplündert – das könnte gesund gewesen sein. Bienenstiche sollen ja gegen Gicht helfen. Vielleicht haben unsere Steinzeit-Vorfahren auch schon die Süßkraft der Birke entdeckt. Darüber hinaus war Süßkram beschränkt auf Blütenpollen, kleine Beeren und herb-wilde Trauben zur Herbstsaison.

Unsere Vorfahren hätten kein Öl gekannt. Sie hätten Nüsse zur Gänze verzehrt. Milchprodukte und Butter waren ihnen fremd. Ihre wichtigsten Fettressourcen kamen von Wildschwein und Aal. Schon gar nicht aßen sie Gluten. Getreide-Anbau war nicht etabliert. Samen hätten sie gesammelt, unsere Vorfahren, von Bennnesseln und Buchen. Vielleicht haben sie die Körner fein gemahlen und daraus Fladen gebacken. Doch von Weizen, Hafer und Roggen keine Spur!

Ein brandenburger Paleo Leben wäre ausgekommen ohne Südfrüchte, ohne Orangen, Bananen oder Avocados. Vitamin C hätte man aus Sauerampfer-Blättern, Weißdornbeeren und wildem Klee gewonnen. Ernährung ohne Nudeln und Pizza, ohne Tomaten, Mais und Paprika … Birken-Spaghetti hätten unsere Vorfahren gekocht. Mit Soße aus Froschlaich und Knoblauchkresse, dazu Pilz-Parmesan.

Unsere Steinzeit-Sippe hätte immens viel Zeit verbracht, um ihre Ernährung zu sichern. Wir hätten den lieben langen Tag gepflückt, gejagt, geangelt, gesammelt. Unsere Beute hätten wir nicht in den Kühlschrank gepackt. Wir hätten für den Winter Samen getrocknet und Fleisch gedörrt.
Wir hätten auch keine Plastikfolie oder Alubecher zur Verfügung gehabt. Vielmehr hätten wir aus Zweigen und Tierhäuten Körbe geflochten – zur Aufbewahrung für unsere Beute.
Wir hätten Löcher in lehmigen Boden gegraben, um darin Kräuter zu fermentieren. Wir wären unentwegt beschäftigt gewesen für unser leibliches Wohl – und dabei ganz sicher nicht dick.

Ich möchte bald wieder einen Ausflug in die Natur machen. Leise träume ich von einem großen Teller Salat aus Hopfensprossen und Sauerklee mit Eiern von der Bachstelze, dazu ein Dressing aus dem Saft der Vogelbeere …

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