Welches Geschlecht hat Kombucha? Kombucha, der, männlich? Der Kombucha Tee? Oder eher weiblich? Die Kombucha Kultur? Vielleicht ist Kombucha neutral – das Kombucha Zeremoniell. Der Duden glaubt, alles sei möglich. Kumbucha ist japanisch – Algentee. Kombu und Cha. Die Alge?
Bislang hielt ich Kombucha für männlich. Der Kombucha. Ein typisches Must-Buy für meinen Freund. Schnucki, kannst du einen Kombucha mitbringen vom Bioladen? In Berlin bekommt man ihn heutzutage in fast allen Bioläden der Stadt.
Ich glaube, das Gefühl von Männlichkeit bei berliner Kombucha kommt von seinen Produzenten. Sie wissen schon, Berlin halt. Kreativer Tummelplatz für Startup-Ideen aus aller Welt. Faiment-Botschafter Paul Seelhorst und Leon Benedens züchten Kombucha Ideen wie lebende Scobys. Deren frohe Botschaft der tobenden Mikroben tragen sie in die Welt, ein Kombucha-Universum gleich mit.

Mehr Gründer in Berlin zogen nach für fermentierten Tee als Startup. Berlin unpasteurisiert beheimatet inzwischen drei bekannte Kombuchabrauereien: Fairment, Manu´sTeeFaktur und Kombuchery. Letztere versenden sogar europaweit frischen Kombucha via Amazon. Alle Kombucha Gründer sind Männer. Ich glaube, man schmeckt es heraus, das Geschlecht. Die berliner Kombuchas sind funktionell, kräftig, zackig, eher intensiv in ihrer Säure. Männer haben andere Zungen als Frauen, die Wissenschaft weiß es – sie kann die Unterschiede sehen im MEG. Besonders uneins sind sich die Geschlechter bei sauer und salzig.
Gibt es auch weibliche Kombucha? Nicht in Berlin jedenfalls, zumindest nicht als Kaufkultur-Marke. Um weibliche Kombucha Teesorten zu finden, musste ich den Weg nach Österreich machen, in die hügelige Landschaft Oberösterreichs.

In Österreich kann man frischen Kombucha bislang nur selten im Bioladen kaufen. Sie lasen vielleicht meinen Blogartikel über die Unterbringung meiner Mutter im Pflegeheim? Das war alles ganz furchtbar, meine Mama wurde menschenrechtswidrig kaserniert in einem Wiener Pflegeheim. Für beste Heilung nach Pharma-Bomben brachte ich ihr eine Kiste Fairment Kombucha mit aus Berlin. Ingwer Kombucha schmeckt meiner Mutter sehr gut, süß und aromatisch ist er. Doch als er zur Neige ging, hatte ich ein Problem. Fairment versendete damals nicht nach Österreich. Kombuchery Kombucha via Amazon schmeckte meiner Mama nicht sehr gut. Es geht, sagte sie jedes Mal, wenn ich sie frage, ob ihr der Kombucha mundet. Manu´s Tee wird nur in Deutschland verkauft, bei Alnatura. Ich hätte über die deutsch-österreichische Grenze fahren müssen. Ob mir die Corona-Grenzwärter das hätten durchgehen lassen, als wichtigen Grund?
Ein betagter österreichischer Biohänder klagte mir sein Kombucha-Leid: Das hab ich schon vor zwanzig Jahren probiert, Kombucha geht nicht. Den hab ich kistenweise wegschütten können, die Kunden wollen das nicht.
Sehr österreichisch erscheint träge Beratungsresistenz des Käufers. Was er nicht kennt, mag der Österreicher nicht – so zieht es sich durch alle Bevölkerungsschichten. Vor lebendigen Bakterien hat man Angst in diesem Land. Sogar mit wärmebehandeltem Carpe Diem Kombucha machte schon Red Bull hohe Verluste, die Lizenz wurde verkauft an Abfüller Rauch.

Selbstfermentierten Kombucha kann ich nicht mitbringen in das Pflegeheim meiner Mutter. Wegen der Hygiene, und ich Berlinerin könnte ja auch Marihuana verbrauen, oder andere schlimme Zutaten. Ich brauchte Kombucha in erreichbarer Nähe des Heims, unpasteurisiert. Gleichzeitig so professionell abgefüllt, dass es an der hygienischen Abfüllung keinen Zweifel geben würde. Was tut man in so einem Fall?
Google brachte die Rettung. Ich fand die Homepage von Fermentista Andrea – eine Kombuchamanufaktur für lebendigen fermentierten Tee, unweit Mauthausen. Kaufen in Wien konnte ich Kombucha aber nicht. Denn die Verkaufsstellen sind winzige Lädchen in der ländlichen Region der Fermentista Andrea.

Kurz entschlossen kam ich zu Andrea auf Besuch. Mein Freund wurde gleich hellhörig, wollte historische Hintergründe wissen. Auf dem Weg würde ich sicherlich die berühmt-berüchtigte KZ Gedenkstätte Mauthausen erkennen im Vorbeifahren. Doch ich sah nur die B123, Felder, Tankstellen, Kühe, noch mehr Felder und eine schöne, alte Donaubrücke.
Es war schon dunkel, es regnete, die Straße war kurvig. Ich wusste nicht genau, wo ich würde abbiegen müssen. Google Maps schien eindeutig, doch vor Ort sah alles gleich aus. Ich fuhr nach links, dann nach rechts, dann fragte ich ein altes Ehepaar mit Regenkapuze nach dem Weg. Jetzt vor, donn rechts, durchn Ort, da sehns a paar Heiser. Do dron vorbei, donn linkse zum Schloss.

Ein holpriger Güterweg verzweigte sich zwischen nackten Feldern. Es gab zwei gleichlautende Wege mit verschiedenen Hausnummern. Wo musste ich hin? Ich rief Andrea an. Sie dirigierte mich, zurück den Güterweg, dann die schmale Kurve nach links unten nehmen, unter der Unterführung durch … hinter mir Blaulicht, eine Polizeistreife hielt mich an. Führerschein, Zulassungsschein! Mir hobn ghört von an Anwohner, do foat a Auto Schlongenlinien. San Sie alkoholisiert? Nein, soll ich sie anhauchen? Entsetzt zuckte der Polizist zurück. Doch net bei Corona! Foans weita!
Endlich war ich am Ziel. Andrea sah mein Auto schon kommen, andere Autos gibt es nicht zu dieser Zeit in dieser Gegend. Sie winkte mir zu am Fenster stehend, von einem alten Landhaus, freistehend auf weiter Flur, mit Gartenzaun und Katze. Andrea bat mich herein in ihr Zuhause, gleich bekam ich ein paar warme Wollpuschen. Ein schlanker Mann kam zu uns, g´sund sah er aus. War das der Bruder?
Das ist mein Sohn, grinste Andrea, er ist schon recht erwachsen für sein Alter.

Andrea zeigte mir ihre Hexenküche. Gläserweise Scobys in Flüssigkeiten von unterschiedlicher Farbgebung: Dunkelbraun bis Rosa, Beige bis Hellgelb. Ein kleiner Edelstahlkessel, Flaschen, Keimgläser. Das alles in einer traditionellen oberösterreichischen Umgebung, mit Möbeln noch von Oma.
Zur Verkostung hatte sie ein paar Flaschen agerichtet auf dem abgelaugten Vollholztisch ihrer Großmutter. Ich probierte: orangegelben Winterzauber Kombucha, rosafarbenen Hibiskus-Waldbeer Kombucha und Kaffee-Kombucha. Hier, bei Fermentista Andrea, wurde mir klar: Kombucha ist weiblich. Der Duden hat Recht. Der oder die Kombucha, beides geht.
Andreas weibliche Kombucha schmeckt weder recht sauer noch recht prickelnd. Sehr mild ist sie, weich und rund. Ihre Farben sind fröhlich und klar, der Geschmack malt eine ganze Palette von feinen Tönen mit sanftem Kribbeln auf die Zunge. Auch ein wenig süß schmeckt sie, die Kombucha von Andrea, süßer als ihre männlichen Pendants aus Berlin.

Das ist die beste Kombucha, die ich jemals getrunken habe. Ich lobte Andrea überschwänglich. Meinte ich es auch so, oder wollte ich nur nett sein? Ich probierte und probierte. Bei jedem Schluck fanden sich neue Aromen, frische Noten, würzige Düfte.
Andrea fermentiert zweimal: Gunpowder Grüntee setzt sie an mit Hibiskus. Das gibt zartrosarote Farbe und milde Säure. Für die zweite Fermentation nutzt sie Sonnentor-Teesorten mit Bio Rübenzucker. Vollkommen abgefahren schmeckt die Kaffee Kombucha, so etwas Schräges habe ich überhaupt noch nie getrunken. Dass man aus Kaffee eine derartige Aromaexplosion herauskitzeln kann mit Mikroorganismen, erscheint mir wie ein Wunder.

Nach Japan kam Andrea bislang nicht. Sie lebt, wo sie aufgewachsen ist. Studiert hat sie in Linz, zwanzig Autominuten von ihrem Zuhause. Einen feinen Job fand sie als Gemeindekraft im Heimatort, durchlief mehrere Abteilungen und fühlte sich pudelwohl mit Partner, Kind und Katze. Doch dann kam die wahre Berufung, Andrea sattelte um von Menschen auf Mikroben. Seither bringt sie die frohe Botschaft der lebendigen Gemüse und Getränke unter die Leute, in Workshops. Auch an einem Buch schreibt sie über gesunde Kleinstlebewesen.
Nur winzig sind die Produktionsmengen von ihrer Kombucha, Andrea fermentiert im Edelstahlkessel der Wohnküche. Überschaubare Mengen füllt sie selbst ab in Literflaschen, für Food-Coops. Die hübschen to go Fläschchen Waldbeerkombucha mit Fruchtetikett werden abgefüllt von einer Mosterei in der Nachbarschaft.

Auch im Keller blubbert und reift es. Ein Regal mit Experimenten aller Couleur findet sich zwischen Weinflaschen und Gemüsekisten. Hier dürfen warme Wollsocken nicht fehlen, sogar Katze Nacho fröstelt. Etwa fünfzehn Grad kühl ist der Keller. Fermentiertes Gemüse hält sich hier recht lang, ein paar Monate jedenfalls problemlos.
Andrea fermentiert quer durch den Gemüsegarten, sie bekommt ihre Zutaten ebenso aus dem Beet von Mama wie vom Feld nebenan. Wasser holt sie aus der Wallfahrtsquelle Hedwigsbründl, etwa fünfzehn Autominuten entfernt. Radonhältiges Heilwasser ist es, das Andrea dezent abfüllt. Für Kombucha Zwecke traut sich Andrea das aber nicht, es wäre zu viel auf einmal. Nur für sich privat holt sie Heilwasser, als Getränk. Wie würde ein Kombucha Scoby reagieren auf Radon? Könnte man daraus gesegnete Heilkombucha herstellen? Vielleicht eine Marktlücke – wobei auch die Kombucha von regionalem Leitungswasser aus Andreas Hand segensreiche Wirkung haben dürfte.

Keime finden sich auch in Andreas Küche. Nicht im Kühlschrank, sondern im Glas, wo Andrea Sprossen aller Art großzieht. Die Keime werden gedörrt bei 40 Grad, oder gepresst als Cracker.
Zwei Kisten Kombucha erstehe ich bei Andrea, zu 24 Flaschen pro Gebinde. Dazu Kombucha Kaffee im Sechsertragerl. einen Stapel Flyer nehme ich auch mit. Noch am gleichen Abend fahre ich nach Wien, bringe eine Box zu meiner Mutter ins Pflegeheim: Waldbeer-Hibiskus und Winterzauber bekommt sie als Kraftpaket.
Wie ihr die Kombucha von Andrea geschmeckt hat?

Der Wintertee kommt super an bei Mama. Die Kombucha schmeckt ja ganz apart, findet sie. Sie schmeckt nach ganz viel. Sehr intensiv. Ein bisschen nach Zimt. Nach Nelken auch, aber nur dezent.
Waldbeer Kombucha konnte Mama bislang nicht zuordnen geschmacklich. Fruchtig schmeckt sie, findet Mama, und sehr süß. Die zweite Fermentation erfolgte mit Sonnentor Waldbeertee und echten Walderdbeeren, doch im breiten Gesamtaroma erkennt Mama die Beeren nicht.
Nicht nur Genuss verbindet meine Mutter mit Andreas Kombucha. Seit sie Wintertee trinkt jeden Tag, braucht sie kein Abführmittel mehr. Die Verdauung meiner Mama läuft auf Hochtouren, alle Pflegeschwestern staunen.
Auch bei mir stellt sich gesunde Darmtätigkeit ein. Ich trinke Andreas Kaffee-Kombucha zum Frühstück, seither habe ich nie wieder Verstopfung gehabt.

Kaffee-Kombucha
Diese Kombucha-Idee ist ebenso genial wie köstlich: Warum soll man immer nur Tee fermentieren? Kaffee geht auch, der Geschmack von Andreas Kaffee Kombucha ist unvergleichlich. Man sollte glauben, saurer Kaffee sei grauslich, aber nein, im Gegenteil. Fein prickelt die Kaffee-Kombucha auf der Zunge. Alle Kaffee-Aromen kommen durch ihre Fermentation ganz besonders gut zur Geltung. Ein klein wenig Säure und etwas Süße begleiten weiches Nuss-Aroma. Dabei ist die Kaffee-Kombucha überhaupt kein kleines bisschen bitter. Sie erinnert mich eher an sahniges Kaffee-Eis, denn an kräftigen Mokka. Natürlich-dezenter Alkohol aus Hefegärung wirkt angenehm anregend.
Wenn ich nur einen kleinen Schluck davon nehme, füllt sich mein ganzer Mundraum mit diesem duftenden Aroma. Ein Tipp für wahre Gourmets ist Kaffee-Kombucha, der nur aus Kaffee, Rohrrohzucker und einem natürlichen Kaffee-Scoby gemacht ist.