Milch oder nicht Milch – das ist hier die Frage …

Kurzversion:

Am Lebensmittel Milch scheiden sich die Geister. Ist sie gesund? Macht sie krank? Wird man von Milch groß und stark oder dick und schwach? Pro und Contra zu einem kontroversiellen Lebensmittel.

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Beitragsbild: Die Bio-Hofkäserei Samshofbauer am Wallersee ist Selbstvermarkter. Fast alle hauseigenen Produkte sind aus hofeigener Rohmilch gemacht, von eigenen Bio Weidekühen.

Ein Kommentar zu Milch einer Leserin meines Blogs motivierte mich ganz spontan, für Sie ein paar Sätze zu schreiben zum Thema “Milch”. An diesen Lebensmittel scheiden sich die Geister, wie bei wenig anderen Produkten.
Dazu will ich Ihnen eine Geschichte erzählen aus meiner Studienzeit, als ich noch sehr jung war und gar keine Probleme hatte mit Lebensmitteln.

Mein Freund und ich fuhren als Rucksacktouristen nach Bali. Gleich nach unserer Ankunft wurden wir unentwegt angesprochen von Straßenhändlern: Bananen, Unterkunft, Transportmittel, Sonnenbrillen … es nahm kein Ende. Mein Freund war bald genervt. Lautstark rief er “NO, NO, NO”, er wollte uns Anbieter von Hals zu halten von Privatzimmern und Hautcreme. Ein braun gebrannter deutscher Tourist hörte ihn rufen, er kam zu uns. “Das geht vorbei nach ein paar Tagen”, versicherte er lachend.
Nicht wegen unserer Rucksäcke waren wir angesprochen worden, oder wegen unserer blassen Haut. Die Einheimischen konnten uns Neuankömmlinge riechen.
Menschen auf Bali aßen keine Milchprodukte. Europäer jedoch stanken für die Händler, wenn sie Milchprodukte verzehrt hatten vor ihrer Ankunft – unangenehm sauer und bitter. Wir unerfahrene Traveller verrieten uns durch unseren Geruch. Schnell überschütteten die Händler milchtrinkende Neuankömmlinge mit ersten Deals.

Wir mieteten uns ein privates Apartement mit Frühstück. Täglich bekamen wir “Pancakes” nur aus Ei und Banane ohne Milch, dazu “Fruit Juice” von frisch gepressten baumgereiften Früchten. Tagsüber aßen wir Reis mit Gemüse und Erdnüssen. Manchmal gab es dazu Ei, selten Hühnerfleisch. Manchmal aßen wir Fisch. Nie in meinem Leben habe ich köstlichere vegane Gerichte serviert bekommen, mit feinen Gewürzen und Kokos. Milchprodukte hingegen fanden wir nirgends.

Der deutsche Tourist hatte Recht behalten. Nur wenige milchfreie Tage später wurden wir nicht mehr angesprochen.

Milch macht sauer und manchmal auch krank

Mein Freund und ich hatten übliche pasteurisierte Milchprodukte verzehrt aus dem Supermarkt. Sie ließen unsere Körper sauer werden. Oft höre ich, Neurodermitis könne geheilt werden durch Milchkarenz. Ebenso Darmprobleme, Durchfall, Blähbauch, Diabetes, Übergewicht. Gilt das nur für “normale” Kuhmilch-Produkte im Milchpäckchen? Oder sollte man auf tierische Milch generell verzichten?

Evolutionär betrachtet ist Milch kein Grundnahrungsmittel. Weltweit vertragen nur wenige Völker im Erwachsenenalter Milchprodukte. Manche Menschen entwickelten evolutionär eine sogenannte Laktose-Persistenz. Sie können bis in ihr hohes Alter Laktose (Milchzucker) verwandeln durch das Enzym Laktase. Es kann Laktose spalten kann in die verwertbaren Zucker Glukose und Galaktose. Üblicherweise können das nur Babies. Doch je weiter nördlich die Menschen leben, desto besser vetragen sie Milch. Vermutlich ist es ein Überlebensmechanismus, weil es im Norden weniger früchtereiche Pflanzen gibt, dafür aber harte Winter. Milch kann ein Überlebensvorteil sein.

Milch enthält viele Substanzen für das Immunsystem. Möglicherweise fördert Milchkonsum Allergien, weil wir über Kuhmilchprodukte die Immunbotenstoffe von Kühen aufnehmen. Immunbotenstoffe richten sich gegen Pathogene. Für Kühe sind andere Substanzen giftig, wie für uns Menschen.

Milch enthält nicht nur schwer verdaulichen Zucker, sondern auch Eiweiß. Wenn wir körperfremde Proteine von Tieren zu uns nehmen, können wir Allergien entwickeln gegen diese Proteine. Alle möglichen Beschwerden können Milcheiweißallergien triggern, von Darmstörungen über chronische Entzündungen bis hin zu neurologischen Erkrankungen.

Milch stimuliert die Bauchspeicheldrüse, Insulin auszuschütten. Aminosäuren aus Milch lösen eine starke Insulinreaktion aus, weil sie sehr gut verdaulich sind. Wenn es zu häufigen Insulinausschüttungen kommt, kann das zu Insulinresistenz führen, und Diabetes Typ II. Der Latte mit Milchschaum trägt ebenso dazu bei, wie Joghurt in der Pause.

Quark und Käse wirken besonders stark, durch anaoble Aminosäuren. Für Bodybuilder können sie hilfreich sein, doch der Durchschnittsmensch braucht keine wachstumsfördernde Substanzen. Wenn man wenig Bewegung macht und die Proteinbiosynthese aus Käse nicht für Muskelaufbau benutzt wird, kann Milch krebserregend wirken.

Tiermilch von Kuh, Ziege, Schaf, Kamel und Pferd

“Milch ist eine Emulsion” trichterte unser Chemielehrer uns ein. Ein Mischgetränk mehrerer Flüssigkeiten. Die Natur hat Säugetiermüttern eine ganz schöne Herausforderung mitgegeben bei dieser Emulsion. Was da nicht alles drin ist …
Milch ist optimiert für die Lebewesen, die ein Muttertier hervorbringt. Eine Kuh mischt Milch für seine Kälbchen. Sobald ein Kalb auf die Welt kommt, springt es flux auf die Beine, säugt stehend am Euter. Wenige Tage nach seiner Geburt hüpft und bockt das Kälbchen schon, als hätte es niemals in einer Gebärmutter gekuschelt.

Milch enthält Wachstumsfaktoren. Sie bestimmen die Körpergröße der Nachkommen. Proteinreiche Ziegenmilch trinken kleine Zicklein. Wer als Menschenkind Ziegenmilch bekommt, bleibt meist kleiner, als Kuhmilch-genährte Schulkollegen.

Fette Schafmilch für wollige Lämmchen gilt als Aufbaukost für ausgezehrt kranke Menschen. Schlanke Fohlen trinken fettarme Proteinmilch, die angeblich für Diabetiker heilsam sein soll. Wüstenkamele geben annähernd fettfreie Milch, besonders allergenarm soll sie sein für uns Menschen.

Die Unterschiede bei Tiermilch-Sorten

Schon im absoluten Fettgehalt unterscheiden sich die Milchsorten, aber auch in der Zusammensetzung der Fettsäuren. Proteine sind unterschiedlich kombiniert bei Kuh, Schaf, Ziege, Pferd und Kamel. Globuline variieren je nach Standort. Das Immunsystem von Tieren ist abgestimmt auf seine Umwelt. Jedes Muttertier gibt individuelle Antikörper weiter an seine Nachkommen über die Milch.

Milch sei besser verträglich für Menschen, wenn man immer nur Milch von einem Tier trinkt, heißt es. Nicht jedoch gemischte Milch soll man trinken, weil der Körper damit größere Anpassungsprobleme hat.

Weidende Paarhufer wie Rinder, Ziegen, Schafe und Kamele erzeugen andere Milch, als vegane Pferde. Unpaarhufer sind ausgestattet mit einem einzigartigen Verdauungssystem. Pferdemilch ist sehr kurz haltbar, gilt aber als besonders gesund wegen seiner hochwertigen Fermentationsprodukte.

Warum trinken wir eigentlich Schweinemilch nicht? Vielleicht weil Schweine Allesfresser sind, wie wir? Aber dann müsste doch Schweinemilch ganz besonders gut verträglich sein für uns?

Die Haltung der Tiere spielt eine Rolle. Futter, Weidehaltung, Sonnenlicht, Bewegung, familiäre Bindung, Aufzucht der Kälber am Euter, Medikamente … all das spielt hinein in die Zusammensetzung von Tiermilch.

Auch interessant: Ich habe bisher zwei Artikel geschrieben über wesensgerechte Tierhaltung von Kühen. Lesen Sie dazu gerne die Beiträge “Welche Milch ist gesund?” und “Milch ohne Tierleid“.

Handgemachter Rohmilch-Schichtkäse vom Samshofbauern aus Bio Rohmilchquark von Weidekühen. Hochwertige Aminosäuren mit starken Wachstumsfaktoren für Sportler, die für wenig sportliche Menschen gefährlich sein können.

Rohmilch

In frischer, roher Milch – direkt aus dem Euter – sind lebendige Mikroorganismen enthalten. Die muttereigenen Bakterien steuern die Entwicklung von Kälbchen. Auch für uns können sie sehr gesund sein. Wenn Sie Antibiotika einnehmen mussten, können Sie mit guter Rohmlich Ihr Mikrobiom regenerieren.

Eiweiß in Rohmilch regt unerhitzt den Insulinspiegel weniger stark an, als pasteurisierte oder gekochte Milch. Pasteurisierte Milch kann Diabetes fördern. Milcheiweiß per se ist bestens bioverfügbar, es wird im Handumdrehen verdaut. Macht man Milch durch Hitze noch leichter verdaulich, wird sie ebenso ungesund, wie Weißmehl oder raffinierter Zucker. Das gilt auch für Laktose. Viele Menschen mit Laktose-Intoleranz können Rohmilch gut vertragen, nicht jedoch pasteurisierte Milch.

Durch Pasteurisierung und Homogenisierung werden Milch-Fette verändert. Die Fettkügelchen in der Milch werden dadurch so klein, dass sie halbverdaut über die Darmwände in den Körper gelangen können. Entzündungen und Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto können die Folge sein. Das kann man mit unveränderter Rohmilch gegebenenfalls vermeiden.

Pasteurisiert wurde Milch vor Jahrzehnten, um Seuchen vorzubeugen aus Industriemilch bei verheerenden hygienischen Zuständen. Die Hygiene-Gesetze schreiben Pasteurisierung vor, sobald Milch in den Handel kommt. Wenn Sie Rohmilch kaufen möchten, können Sie nur noch in Hofläden direkt beim Bauern Rohmilch bekommen. Kaufen Sie Rohmilch nur beim Biobauern Ihres Vertrauens, von antibiotikafreien Kühen aus artgerechter Weidehaltung.

Ungesunde Milch

Ganz sicher ungesund ist stark verarbeitete Milch aus dem Plastikpackerl aus Massentierhaltung. Ich glaube, das müssen wir nicht ausdiskutieren. Gequälte Tiere geben keine gesunde Milch. Antibiotika haben nichts zu suchen in Milch. Künstliches Mastfutter führt nicht zu gesunden Vitaminen in Milch. Stark verarbeitete Milch enthält keine hochwertigen Fettsäuren mehr. In ultra-erhitzter Milch sucht man intakte Proteine vergeblich. Verpackungen aus Plastik geben Chemikalien ab, die von Fett und Wasser in der Milch gelöst werden. Von solchen Produkten lasse ich die Finger, seit Jahren schon, obwohl sie uns ganz selbstverständlich angeboten werden in jedem Supermarkt.

Eine Bäuerin aus Salzburg erzählte mir von einem wissenschaftlichen Experiment: Man hat Kälbchen gefüttert mit pasteurisierter Milch, so wie moderne Menschen sie trinken. Die Kälbchen sind alle gestorben.

Gesunde Vorteile von Milch

Milchproteine sind ganz besonders gut bioverfügbar. Das sind die ultimativ bioverfügbarsten Proteine, die es gibt für uns Menschen. Milch steht sogar noch über Eiern, Fleisch oder Fisch. Deshalb sehen Sie bei Sportlern zumeist eine Dose “Whey Protein” Pulver im Regal stehen für volle Leistungskraft, oder einen großen Sack “Casein” für Muskelaufbau.

Ausgezehrte Menschen, die kaum noch Nahrung verstoffwechseln können, profitieren von “Biestmilch” oder Colostrum. Das ist die allererste Milch, die ein Säugetier seinen Babies zur Verfügung stellt. Sie ist gelblich und schmeckt ein wenig nach Ei. Ganz besonders viele immunstärkende Inhaltsstoffe sind darin enthalten.

Fermentierte Milch

Sobald gesunde Milch verarbeitet wird zu Joghurt, Kefir, Käse oder Dickmilch, wird die Milch angereichert mit Fermentationsprodukten von Bakterien. Diese können sehr gesund sein. Nicht umsonst heißt es, Kefir sei der Zaubertrank der Hundertjährigen.

Fermentation mit natürlichen Bakterien aus dem Muttertier in unverarbeiteter Rohmilch unterscheidet sich von Fermentation mit zugesetzten Kulturen. Mit Bakterienkulturen aus dem Päckchen kann man auch Reis, Nüsse oder Hülsenfrüchte fermentieren. Das ist aber nur der halbe Spaß. Echte, hochwertige Milchfermentation mit besonders großer Vielfalt erreicht man nur mit unverarbeiteter Rohmilch von Weidetieren. Deshalb erscheint feiner Alpen-Rohmilchkäse unvergleichlich aromatisch, während schnell fermentierter Industrie-Butterkäse eigentlich nur nach seiner Wachsrinde schmeckt.

Milch als Droge

Babies haben nicht sehr viel Spaß, so lange sie klein sind. Die Natur schickt ihnen Glücksdrogen in ihrer Milch, damit sie sich wohl fühlen, fröhlich bleiben und gut schlafen. Einige Milch-Proteine haben opioide Wirkung. Sie machen ein wenig süchtig, damit Babies viel trinken und gut wachsen.

Wenn wir erwachsenen Menschen diese Proteine essen, kann das ordentlich daneben gehen. Übergewicht droht, auch Antriebslosigkeit, Lethargie und neurologische Krankheiten. Schlimmstenfalls können Opioide in Milch Autismus fördern, ADHS oder Schizophrenie. Im Zweifel Milch bitte weglassen.

Proteine mit opioider Wirkung werten (teilweise) abgebaut durch Fermentation. Wer Frischmilch nicht verträgt, kann vielleicht Joghurt essen, oder alten Käse.

Manche Milchsorten enthalten mildere Opioide, als die unserer üblichen Stallkühe. Wer pasteurisierte Milch aus dem Plastikpäckchen im Supermarkt nicht verträgt, verträgt vielleicht ursprüngliche Jersey-Milch oder Ziegenmilch. Ausprobieren, im Zweifel weglassen.

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