Sicherlich haben Sie schon einmal gehört oder gelesen von Paleo Ernährung? Sie imitiert Lebensgewohnheiten unserer Vorfahren aus der Altsteinzeit, als die Menschen noch Jäger waren und Sammler. Wer sich paleo ernährt, isst nur, was theoretisch gejagt oder gesammelt werden könnte – Fleisch und Fisch, Eier und Honig, Kräuter und Wurzeln, Früchte und Beeren, Pilze und Nüsse. Paleo Menschen, zu denen auch ich mich zähle, vertragen angebaute Lebensmittel nicht sehr gut – Getreide, Bohnen, Kartoffeln. Wir glauben, die Evolution unserer menschlichen Biochemie hat sich nicht wesentlich verändert seit der Steinzeit. So verzichten Paleo Anhänger auch auf Milchprodukte. Denn unsere Steinzeitvorfahren hatten keine Haustiere, sie haben nicht gemolken.
Grundsätzlich fühlt sich Paleo Ernährung für mich sehr gesund an. Vor allen Dingen schmeckt sie köstlich. Nährstoffarme Füllstoffe wie Weißmehl oder Reis fallen weg.
Von meinen Intoleranzen und Unverträglichkeiten auf Lebensmittel habe ich Ihnen schon einmal erzählt in meinem Artikel über Blutgruppendiät. Ich habe Blutgruppe 0 und vertrage keine Lebensmittel gut, die üblicherweise erst gegessen werden seit der Neolithischen Revolution. Meine ideale Ernährung ist auch nach der Blutgruppentheorie die Paleo Diät. Denn meine Blutgruppe entstand, bevor der Mensch sesshaft wurde.
Doch die Paleo Ernährung hat einen großen Nachteil für mich: Sie ist überreich an tierischen Produkten. Die Jagdgesellschaft wird imitiert, wie wir sie kennen von prähistorischer Höhlenmalerei. Fleisch und Fisch, Eier und Honig sind energiereiche Kraftnahrung. Die Fette und Proteine dieser Lebensmittel sind bestens verdaulich und reichhaltig. Sie gelten als Aufbaukost bei schweren Infektionen oder nach Unfällen, wenn der Körper heilen muss. Sobald man aber so gut aufgebaut ist wie ich, oder vielleicht sogar ein bisschen zu gut, sind tierische Produkte nicht ganz so ideal. Denn sie fördern die Zellteilung und heizen das Immunsystem an. So fördern sie nicht zuletzt Autoimmunkrankheiten.
Vor ein paar Jahren lernte ich eine junge Mediendesignerin kennen in meinem vietnamesischen Lieblingsrestaurant mit viel Hausgemachtem und Fermentiertem. Sie schwärmte von veganen Gerichten, denn sie litt an Diabetes. Als Diabetikerin solle sie vegan leben, hatte ihr Arzt empfohlen. Fleisch und Milch hätten einen zu starken Impact auf ihren Blutzucker und ihr Insulin. Anstelle von einer vietnamesischen Pho mit Gemüse bestellte sie Sommerrollen aus Reispapier mit Nudeln.
Aus meiner Perspektive passte das nicht zusammen. Reismehl und Weizen waren für mich ein NO-GO, nicht nur bei Diabetes: verarbeitete Lebensmittel mit hohem Insulin-Index durch verarbeitete Produkte aus Süßgräsern. Vegane Diät wäre schön und gut, dachte ich, aber bitte ohne kurzkettige Kohlenhydrate und ohne raffiniertes Mehl. Ein Hybrid müsste her, Paleo Diät gekreuzt mit veganer Ernährung. Glutenfrei und ohne Getreidesorten, ohne Zucker und ohne tierische Produkte. Möglichst frisch und in Bio Qualität. Ich habe so eine Kreuzung als ultra low-carb Variante probiert und habe mich in einer mehrwöchigen ketoveganen Challenge darauf eingelassen. Sie können den Artikel dazu gerne nachlesen.
Für die beste Gesundheit meiner Mutter konnte ich eine Lebensweise anwenden, die Paleo und Veganismus vereinte in einer milderen Form. Meine Mutter litt an Prädiabetes, Gelenkschmerzen und körperlicher Schwäche bei starkem Übergewicht. Rotes Fleisch tat ihr nicht gut, es trieb ihren Blutdruck nach oben. Verarbeitete Milchprodukte ließen ihr Herz klopfen, sie heizten den Blutzucker an und verstopften ihre Verdauungswege. Bio-Eier konnte sie ganz gut vertragen, aber nicht zu viele. Auch ein kleiner Löffel Honig ab und an tat ihr gut. Doch Zucker verklebte ihr Gedächtnis und verstärkte Schmerzen. Fisch aß meine Mutter ganz gerne, auch hin und wieder Putenfleisch. Fit und kräftig wurde sie aber erst mithilfe von knackigem Gemüse, eiweißreichen Saaten und Pilzen, kräftigem Salat, saftigem Obst und öligen Nüssen: bunte Bio Antioxidantien, frisch aus der Natur. Unser Brot backten wir aus glutenfreiem Hafer-Sauerteig oder Buchweizenmehl, angereichert mit Kernmehlen.
Der US-amerikanische Arzt und Autor Dr. Mark Hyman hat genau so eine Ernährungsform als Therapie erkannt bei chronischen Krankheiten. “Pegane Ernährung” (Link auf seinen Blog in englischer Sprache) nennt er die flexible Hochzeit von Paleo Diät mit veganer Kost. Dabei macht er es sich nicht einfach bei der Wahl der Lebensmittel. Die beiden Ernährungsweisen werden nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht. Gänzlich verzichtet wird nur auf Gluten und Milchprodukte. Stärkehaltige Bohnen oder glutenfreies Getreide, die eine Paleo Diät vermeiden würde, kommen auf den Tisch, wenngleich sparsam. Fleisch, Fisch und Eier, die für vegane Ernährung undenkbar wären, bleiben gelegentliche kleine Mahlzeiten. Honig ist eine seltene Nascherei. Der Hauptteil der peganen Ernährung besteht aus Bio Gemüse, proteinreichen Linsen und Kernen, Pilzen, Nüssen und Obst.
Die pegane Ernährung nach Mark Hyman erinnert mich an eine Ausstellung, die ich im Kulturama sah, Museum für Evolutions- und Kulturgeschichte in Zürich. Sie ist ganz nah an den Lebensmitteln, die unsere steinzeitlichen Vorfahren täglich historisch glaubhaft zur Verfügung gehabt hatten: Sicherlich haben sie gejagt. Doch der Jagderfolg stellte sich nicht täglich ein – und wenn, wilde Jagdbeute war schlank und hatte wenig Fett. Höchstwahrscheinlich haben sie gefischt, unsere Vorfahren. Doch die Fische waren eher klein und die Ausbeute gering. Eier haben sie gegessen, aus selten gefundenen Nestern. Der Löwenanteil an Kalorien unserer regionalen Steinzeitvorfahren war gepflückt, geklaubt und ausgegraben. Natürlich alles in bester Bio-Qualität, mit frischen Ölen und Rohkost. Klingt das nicht unglaublich gesund, nach heutigen Maßstäben?
Die Pegane Ernährung kann auch als vegane Variante realisiert werden. Vegan Athlete Christian Wenzel hat einen umfassenden Artikel veröffentlicht zur veganen Interpretation der Peganen Diät mit Podcast.
In Deutschland ist die pegane Ernährung längst angekommen. Die “Ernährungs-Docs” des NDR empfehlen pegane Ernährung als antientzündliche Therapie, nicht zuletzt gegen Rheuma und Fibromyalgie. Ich persönlich finde, die pegane Ernährung ist körpernah, menschenfreundlich, sozialverträglich, umweltschonend und vor allem köstlich. Im Umland von Berlin habe ich mich ein wenig umgesehen, auf der Suche nach der Nahrung unserer Vorfahren. Den Artikel “Brandenburg Paleo” können Sie hier lesen. Pegane Ernährung dürfte die Lebensweise unserer prähistorischen Ahnen gewesen sein, keine Frage.
Was halten Sie von der peganen Ernährung? Haben Sie schon einmal eine Weile pegan gelebt? Bitte hinterlassen Sie einen Kommentar!