Cremig, sahnig, weich und süß fühlt es sich an, das Göttergetränk. So hat mein Opa für Milch geschwärmt, zu jeder Mahlzeit hat er ein Glas getrunken. Immerhin beinahe hundert Jahre alt ist er geworden.
Medikamente nach einem Unfall haben meinen Opa ins Grab gebracht, nicht jedoch Krebs, Demenz oder Herzinfarkt. So schlecht für die Gesundheit kann Milch nicht sein, wenn ein Mensch so gesund so alt wird wie mein Opa, der jeden Tag einen halben Liter davon verschlungen hat. Gegen alle Trends stelle ich die These in den Raum, Milch ist gesund, auch im hohen Alter. Doch welche Milch ist gesund, und warum?

Kuhdame Paula freut sich auf ihr zweites Kälbchen.
Für einen Selbsttest suche ich Milch, die ursprünglich gewonnen wird, aus tierfreundlicher Haltung. Einen hohen Anteil an Omega 3 Fettsäuren wünsche ich mir. Nur Bio Heumilch kommt für mich infrage. Ich wünsche mir glückliche Kühe, die im wesensgerechten Herdenverbund leben. Sie sollen regelmäßig Sonne bekommen und viel Bewegung. Bestes Wasser sollen sie trinken, und nur frisches kräuteriges Gras fressen. Deren Milch möchte ich euterwarm abgefüllt bekommen, ungekühlt, unverschnitten, niemals verändert durch Maschinen.

Paula ist trächtig, ihr zweites Kälbchen ist im Anmarsch. Sie wohnt gemeinsam mit zehn weiteren Kuhdamen im Bio Kuhstall der Familie Bernhofer. Gelegen ist der Standort der Bernhofers beim Salzburger Örtchen Golling, nebst großer Heuwiese als Auslauf.
Margret und Karl Bernhofer bewirtschaften den Stieglerbauerhof der Vorfahren. Karl ist aufgewachsen auf dem Hof. Margret stammt aus dem Landschaftsschutzgebiet Bluntautal, hier sagen Bachfinken guten Morgen zu Forellenschwärmen in glasklaren Gebirgsbachseen.
Nebenerwerbsbauern sind sie, auf den Verkauf von Milch allein sind die Bernhofers nicht angeweisen. Als Ingenieurin berät Margret Landwirte und kümmert sich um zwei kleine Mädchen. Karl arbeitet hauptberuflich als Schlosser.

Nur elf Kühe halten die Bernhofers im offenen Bio Laufstall. Wegen dem Platz, dem limitierten hofeigenen Futter, aber auch wegen der Liebe. Bei großen Hofen mit mehr Kühen gibt es keine Liebe mehr zwischen Bauer und Tier, ist Karl überzeugt. So etwas will er nicht, denn nicht zuletzt die Tierliebe hat ihn motiviert, das Erbe der Eltern anzutreten.
Jede Kuh kennt er in- und auswendig in ihrem Wesen, jedes Tier hat einen Namen. Neugeborene Kälbchen werden feierlich getauft von Töchterchen Magdalena, sie besucht die Grundschule und darf die Namen aussuchen.
Als sie in die erste Klasse ging, kam Magdalena zum ersten Mal in Berührung mit dem seltsamen weißen Produkt, das ihre Klassenfreundinnen kennen als Milch. Überhaupt nicht geschmeckt habe ihr die Schulmilch, erzählt mir Magdalena, grauslich fand sie pasteurisierte Milch aus dem Päckchen. Das ist keine Milch, jedenfalls nicht vergleichbar mit der euterfrischen Bio Heumilch, die sie jeden Tag zu Hause bekommt – nicht abgekocht, versteht sich.

Kaufen Sie Milchprodukte? Wahrscheinlich haben Sie eine symbolhafte Idee vom Leben der Milchkühe, die für Packerlmilch verantwortlich sind. Sie kennen Bilder von zufrieden grasenden Rindern auf blühenden Wiesen aus der Werbung. Die Kühe zupfen Kräutlein auf der Weide in einer Herde. Genug Platz haben sie, um zu springen und zu traben. Kälbchen trinken bei den Müttern, danach toben sie sich aus mit Spielkameraden. Zwischendrin trottet stolz ein Stier durch die Herde.
Auch heute gibt es sie noch, diese glücklichen Weidetiere, den ganzen Tag lang haben sie Sonne und atmen frische Bergluft. Doch seien Sie versichert: Kein Tropfen von deren Milch kommt an im Kühlregal von Ihrem Supermarkt.
Nur wenige Almbetriebe halten Milchkühe auf offener Wiese, mit Kälberaufzucht bei den Müttern. Deren Milch wird handgemolken, anschließend verarbeitet als Käse. Mit etwas Glück können Sie so einen Naturschatz kaufen im spezialisierten Käsefeinkostladen, zu einem stattlichen Preis.

Nicht einmal Margret und Karl können das bildschöne Werbe-Ideal erfüllen. Ihre Kühe sind enthornt, wegen der Kinder. Deren Mädchen spielen im Kuhstall, ganz selbstverständlich gehen sie hinein zu den friedlichen Tieren. Auch unabsichtlich könnten Verletzungen entstehen, eine Kuh mit Hörnern kann Wunden reißen durch einen harmlosen Stups mit dem Kopf. Stier gibt es keinen in der Herde der freundlichen Damen. Versucht haben sie es zwar einmal, Karl bekam einen Stier geschenkt zum Geburtstag. Nur klein sei er gewesen, und recht jung. Aber so viel Ärger habe er gemacht, und so wild herumgetobt habe er im Stall, dass man ihn weggeben musste.
Die Kälbchen der Bernhofers werden gezeugt von Stieren aus dem Katalog. Margret sucht Sperma aus von Milchstieren oder von Fleischstieren, je nachdem, was gebraucht wird. Befruchtet werden die Kühe vom Tierarzt. Dennoch ist die Mutterliebe groß.

Die Bernhofers geben ihren Tieren im Rahmen ihrer Möglichkeiten die größtmögliche Freiheit und wesensgerechteste Behandlung. Jede Kuh pflegt liebevoll ihr Kälbchen, auch wenn sie den Vater nicht kennt. Die Babies trinken vom ersten Moment an bei der Mutter. Liebevoll werden sie sauber geleckt jeden Tag. Vier bis fünf Monate lang bleiben die Kälbchen am Euterzipfel der Mama, bevor sie entwöhnt werden.
Was die Kälbchen an Milch übrig lassen im Euter, wird gemolken im Melkstand neben dem Stall. Etwa zweihundert Liter Milch sind das pro Tag, sie kommen in einen Milchtank. Dreimal pro Woche wird der gekühlte Stahlbehälter geleert von einem Tankwagen der Salzburg Milch.
Sechzig Cent pro Liter Fixpreis werden bezahlt für Bio Heumilch. Das sei sehr viel vergleichsweise, findet Margret zufrieden. Nicht extra bezahlt wird, dass die Kälbchen bei der Mutter bleiben.
Für Exoten hätten die Nachbarn sie gehalten, als sie die Mutterkuhaufzucht der Bernhofers bemerkten, auf der Wiese neben dem Hof. Eine Milchkuh, die ihr Kälbchen tränkt? Das erlauben doch nur Fleisch-Biobauern? Ganz und gar ungewöhnlich ist dieser tierfreundliche Ansatz selbst im naturschönen Golling, wo fast jeder Bauernhof das Plakat von Bio Austria an seiner Hofwand plakatiert hat.

Die Bernhofers nutzen die natürlichen Gaben der muttergebundenen Kälberaufzucht für besten Milchnachwuchs. Als junge Kuhfräulein kommen die Kälbchen nach ihrer Entwöhnung hinauf auf die Alm. Bis zur Geschlechtsreife dürfen sie in freier Natur aufwachsen, bevor sie ihren Dienst antreten als Milchkuh im Tal. Fleischkälbchen hingegen, die sich nicht für die Milchwirtschaft eignen, werden nicht verkauft. Sie werden geschlachtet von einem Bio Metzger in unmittelbarer Nachbarschaft des Hofes.
Mit Grauen denkt Margret an Kalbfleischtransporte quer durch Europa, so etwas würde sie nie zulassen. Sobald ein Kälbchen verkauft ist, hat sie keinen Einfluss mehr auf sein weiteres Leben. Deshalb geben sie den Fleischnachwuchs aus dem Milchstall nicht weg, die Bernhofers, sie vermarkten das Fleisch der Tiere selbst. Absatzschwierigkeiten haben sie keine, jedes Stück eines Tieres ist vorbestellt, auch die Knochen.

Eine win-win Situation für alle beteiligten Lebewesen, sollte man meinen. Die Kühe sind glückliche Mütter, die Kälber sind zufrieden und gesund. Weniger Arbeit fällt an für Betreuung und Aufzucht. Die Milch der Bernhofers ist köstlicher und sahniger als jede andere Milch, die ich bislang getrunken habe. Dennoch sind die Bernhofers eine seltene Ausnahme, denn durch diese artfreundliche Tierhaltung steht naturgemäß weniger Milch zur Verfügung für den Tankwagen.
Endlich ist es soweit: Dennis ist geboren. Paula hat ihn problemlos auf die Welt gebracht, nachdem die Kältewelle weiter gezogen ist. Als ich mein Anliegen vortrage, lacht Margret ein wenig überrumpelt: Ich möchte Milch nur von einer einzigen Kuh, von Paula, handgemolken bitte, und unverschnitten. Gerne erfüllt mir Margret meinen Wunsch, wenngleich das händische Melken ungleich größeren Aufwand bedeutet.

Kuh Paula ist bereit. Ich bekomme ihre allererste Milch – von Tag eins an begleitet mich ihr Muttersaft. Was Milchbruder Dennis übrig lässt, wird abgemolken für mich. Nur wenn das Euter zu prall ist, greift Karl zur Melkmaschine. Die Milch von Paula wird in einen eigenen Behälter gefüllt für mich, getrennt von der Milch der anderen Kühe.
Mehrere Tage lang ernähre ich mich nur von frischer Milch der naturgefütterten Heumilchkuh Paula. Ich fühle mich blendend. Muttergefühle überkommen auch mich. Paula schüttet Oxytocin aus, sobald Dennis ihr Euter anstupst, es wirkt verjüngend. Meine Haut wird glatt und prall. Die Verdauung flutscht. Mein Gemüt wird tiefenentspannt, niemals zuvor habe ich weniger gestritten mit meinem Goldschatz. Wir entwickeln täglich verschmustere Seelenverwandtschaft, solange ich die euterfrische Paulamilch trinke.

Einige Liter bleiben übrig von Paulas früher Milch. Ich sammle sie in einem Keramiktopf, die Milch wird nach ein paar Tagen dick. Sie duftet nach Hefe und Apfel. Eingeschnitten und abgeseiht mache ich daraus Vanillequark, würzigen Frischkäse und Himbeer Cream Soda. Alles schmeckt köstlich. Ich fühle mich tatendurstig, körperlich stark und fröhlich.
Dennoch bemerke ich Schattenseiten der reinen Milchnahrung. Meine Haare werden dünner. Milch bindet Metalle im Körper, Zinkmangel kann eine Folge sein. Auch Magnesium fehlt meinem Körper bald. Milch wirkt entgiftend und säurebildend. Sie zieht Schadstoffe aus dem Körper, aber eben auch lebenswichtige Spurenelemente. Ich muss nachfüllen mithilfe von Nahrungsergänzung.

Nach zwei Wochen merke ich, dass ich gar keine so große Lust mehr habe auf Milchprodukte. Mein Körper schreit nach Salat. Hat mich das gollinger Bio Heu in Paulas Futter auf den Geschmack gebracht? Ich will hinaus in die Natur, frische Kräuter pflücken und nur noch Grünzeug essen.
Diese Milch ist gesund, davon bin ich überzeugt. Es ist ein ehrliches Produkt, das sich selbst unnotwendig macht. Paulas Milch animiert mich zum Verzehr von gesunder, erwachsener Nahrung aus dem Garten.

Auch die Natur geschützt wird durch die Milchwirtschaft der Bernhofers. Gras bindet CO2. Das Futter der Kühe von der Wiese neben dem Hof wirkt dem Klimawandel entgegen. Trinkwasser der Tiere geht nicht verloren – es kommt aus dem Berg, nicht aus dem Grund – von ganz allein, ohne Pumpen und Wassertürme.
Bio Dung der entspannten Tiere ist Wachstumsmittel für die Natur, sie kann mithilfe der Kühe noch mehr CO2 umwandeln in Pflanzen. Der natürliche Kreislauf aller Ressourcen bleibt erhalten, weitestgehend.
Als Aufbaukost sehr gesund ist frische, unverschnittene Bio Heumlich von glücklichen Mutterkühen, finde ich. Auch als proteinreiche Nahrungsergänzung für das ausgeglichene Gemüt und für starke Muskeln. Pasteurisierte und homogenisierte Milchprodukte aus dem Supermarkt hingegen, aus Massenställen mit Anbindehaltung, will ich im Leben nicht mehr trinken.
Meine Brüste werden größer von der Milch von Wasserbüffeln wenn die ihre Kälber säugen. Ganz ohne OP! Zwei Körbchengrößen, ich schwöre!
Muss man aufpassen als Mann, sonst gibts Männerbrüste.
Danke für den Hinweis. Bei mir war das auch ein bisschen so. Erhöht Milch aus muttergebundener Kälberaufzucht den Prolaktin-Spiegel beim Menschen?