Wie Schlafentzug meine Mutter dement und lahm machte

Schlaf stören ist Körperverletzung!

Nach einem langen Krankenhausaufenthalt war meine Mutter verschleppt worden von meinen Geschwistern in ein Pflegeheim. Eine Tragödie sondergleichen passierte. Meine Mutter wollte nach Hause, sich erholen und gesund werden im geliebten und gewohnten Umfeld. Stattdessen wurde sie von ihren eigenen Kindern aus Habgier und Eifersucht in ein Zweibettzimmer gesteckt von einem Heim, zusammen mit schwer dementen, alten Damen.

Sie können sich nicht vorstellen, wie die Zimmerkolleginnen von meiner Mutter geschrien haben! Tag und Nacht! Das war ein Gebrüll, fast wie Babys, aber sehr viel lauter! Ich habe ALLES versucht, um meine Mutter vor diesem Lärm zu retten. Denn die Frauen hatten keine Impulskontrolle mehr und raubten meiner Mutter jeden Nerv. Während wir telefonierten, schrien ihre Bettnachbarinnen manchmal so laut, dass meine Mutter mich gar nicht mehr verstehen konnte. Sie rief dann ihrerseits weinerlich “sei ruhig, sei endlich ruhig!”

Meine Mutter wurde regelrecht gefoltert, über viele Wochen, durch dieses unberechenbare Geschrei. Ich bemühte eine Institution nach der anderen, um ihr zu helfen. Alle ignorierten ihr Leid – das Pflegschaftsgericht, die Polizei, die Heimaufsicht … Sobald eine alte Frau in einem Pflegeheim gegen ihren Willen durch Gebrüll Tag und Nacht beschädigt wird, ist das für staatliche Organe keine Körperverletzung, sondern ganz normal.
Endlich schritt Pro Senectute ein. Meine Mutter bekam eine ruhigere Zimmerkollegin, die nicht so laut schrie. Doch auch sie ließ meine Mutter nicht durchschlafen. Denn sie stand auf in der Nacht, spazierte geräuschvoll mit ihrem Rollator durch das Zimmer. Sie ging mehrfach zur Toilette, machte das Licht an, ließ die Türe offen, machte Geräusche, schaltete das Licht nicht wieder aus.

Es dauerte nicht lange, da war meine Mutter körperlich zu schwach zum Aufstehen. Sie lag nur noch im Bett oder saß im Rollstuhl. Auch ihre Geisteskraft hatte deutlich nachgelassen. Sie kratzte sich am ganzen Körper blutig. Welche biochemischen Vorgänge verursachten diese Verschlechterung? Was passierte im Körper meiner Mutter, als sie keine Nacht mehr ruhigen Schlaf fand?

Schlaf hat vier wichtige Funktionen: Im Schlaf werden Entzündungen reguliert. Der Körper entgiftet im Schlaf, sowohl den Körper als auch das Gehirn. Eindrücke des Tages werden verarbeitet, gehen über vom Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis. Auch Hormone werden reguliert im Schlaf.

Das glymphatische System entgiftet das Gehirn in der Nacht. In Tiefschlafphasen schrumpfen die Gehirnzellen ein wenig, um Platz zu machen für Stoffwechselendprodukte. Sie werden ausgeschieden über Kanäle des glymphatischen Systems. Da meine Mutter nicht mehr ausreichend Tiefschlafphasen durchleben konnte, wurde ihr Kopf nicht mehr sauber entgiftet. So verstärkte sich eine medikamenteninduzierte Hirnleistungsstörung bei ihr. Nicht nur Medikamente konnten nicht mehr ordentlich abgebaut werden. Auch natürliche, körpereigene Stoffwechselprodukte blieben kleben zwischen ihren Gehirnzellen.

Gleichzeitig konnte meine Mutter Erlebtes vom Vortag nicht mehr speichern in ihrem Langzeitgedächtnis. Die Traumschlafphasen wurden immer wieder unterbrochen. Sie vergaß, welche Erlebnisse sie gehabt hatte. In Traumschlafphasen erholen wir uns psychisch. Die Hormone meiner Mutter kamen übel durcheinander. Sie wurde depressiv und litt zunehmend unter Demenz und Antriebslosigkeit.

Das Herz meiner Mutter wurde geschädigt durch den Schlafentzug. In Tiefschlafphasen sind Atmung und Herzschlag synchron. Pro Atemzug schlägt das Herz genau viermal. So wird der Herzrhythmus eingestellt.
Der ganze Körper erholt sich in der Tiefschlafphase. Wenn er das nicht kann, bleibt er müde und schwach. Der Bewegungsdrang meiner Mutter sank gegen null. Wer sich nicht bewegt, wird depressiv, das ist nichts Neues. Schließlich saß meine Mutter nur mehr im Rollstuhl, wollte auch nicht mehr nach draußen an die Sonne.

Endlich gelang es mir, meine Mutter aus dem Pflegeheim zu retten. Wir versteckten uns vor meinen bösartigen Geschwistern in einer Ferienwohnung mit großem, weichen Bett und freundlicher Atmosphäre. Endlich konnte meine Mutter wieder richtig schlafen. Im Rollstuhl brachte ich sie tagsüber an ihre Lieblingsorte. In der Nacht schlummerte sie ruhig wie ein Kind.
Nur zwei Wochen später konnten wir den Rollstuhl stehen lassen. Mit einem Rollator spazierte meine Mutter fröhlich durch den Park. Auch ihr Gedächtnis erholte sich. Doch nie wieder erreichte sie die Geisteskraft, die sie gehabt hatte, bevor man ihr über Monate Schlafentzug angetan hatte durch nervtötendes Geschrei.

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